*Impfen mit Verstand und Augenmaß*
von Monika Peichl
Dass die meisten jährlichen Wiederholungsimpfungen bei Haustieren
wissenschaftlich unhaltbar sind, pfeifen inzwischen die Spatzen von den
Dächern -- und es gibt nun sogar neue offizielle Impfempfehlungen des
deutschen Tierarztverbandes BPT. Darin werden dreijährliche Impfabstände
für die Staupe-- und Parvo-Nachimpfung empfohlen. Hepatitis soll nach
der Grundimmunisierung der Welpen/Jungtiere gar nicht mehr nachgeimpft
werden, Impfungen gegen Zwingerhusten sollen je nach Bedarf gegeben
werden. Die Lepto-Impfung wird jedoch, im Gegensatz zu den
US-Empfehlungen, zur "core vaccine", zur Hauptimpfung für alle Hunde,
erklärt, die mindestens einmal jährlich gegeben werden müsse.
Manche Tierärzte haben sich die neuen Empfehlungen zu Eigen gemacht,
andere -- vermutlich die Mehrheit -- bestehen nach wie vor auf der
jährlichen Wiederholung aller Impfungen. Dreijährliche Nachimpfungen
gegen Staupe und Parvo sind jedoch auch nur ein Kompromiß. Aus
Langzeit-Impftitermessungen und aus Studien mit Belastungsinfektionen
bei lange nicht mehr geimpften Hunden weiß man, daß bei diesen Impfungen
der Schutz nicht nach drei Jahren abbricht.
*Wichtige Impfungen für den Hund und ihre Schutzdauer:*
1. Staupe (S): Lebendimpfstoff. Nach Grundimmunisierung (letzte
Staupeimpfung beim etwa 14 bis 16 Wochen alten Welpen) hält der
Schutz bis zu 15 Jahre, wahrscheinlich lebenslang.
2. Parvo (P): Lebendimpfstoff. Schutzdauer wie bei Staupe.
3. Hepatitis (H): Lebendimpfstoff. Schutzdauer wie bei Staupe und
Parvo. Der Erreger kommt in Deutschland so gut wie nicht mehr vor,
daher empfiehlt sogar der BPT nach der Grundimpfung der Welpen gar
keine Hepatitis-Nachimpfungen mehr. Allerdings gibt es in
Deutschland derzeit kaum Impfstoff-Kombinationen für Staupe und
Parvo ohne Hepatitis-Komponente.
*Impfungen, die verzichtbar sind:*
1. Zwingerhustenerreger Parainfluenza-Virus (Pi): Schutzdauer
mindestens drei Jahre, Impfstoffe versagen aber relativ häufig;
Notwendigkeit der Impfung umstritten, da die Erkrankung meist mild
ist und Impfschutz gerade bei höherem Infektionsdruck (viele Hunde
auf engem Raum) nicht oder kaum gegeben ist. Pi ist oft in
Kombinationsimpfstoffen mit SHP enthalten, es gibt aber auch
Kombinationen ohne Pi. Nicht sinnvoll bei Hunden in normaler
Einzel- oder Kleingruppenhaltung.
2. Zwingerhustenerreger Bordetella bronchiseptica: Schutzdauer
maximal ein Jahr; Impfstoffe versagen häufig; Notwendigkeit aus
den gleichen Gründen wie bei Pi umstritten.
3. Leptospirose: Deutsche Impfstoffe bieten nur gegen zwei
Leptospiren-Arten Schutz, geimpfte Hunde infizieren sich zunehmend
mit anderen Arten. Die Impfstoffe gelten als besonders
nebenwirkungsträchtig, vor allem bei Welpen im Alter bis zwölf
Wochen. Anders als in den USA gibt es hierzulande nur
Lepto-Ganzkeimbakterine. Ganzkeimbakterine werden in der
Humanmedizin als "dirty vaccines" bezeichnet, weil sie zu viele
verschiedene Antigene enthalten, die Nebenwirkungen bis hin zu
dauerhaften Hirnschäden verursachen können. Beispiel. Der nicht
mehr gebräuchliche Ganzkeim-Keuchhustenimpfstoff für Kinder
enthielt etwa 3000 verschiedene Proteine, die modernen
Keuchhustenimpfstoffe enthalten nur zwei bis fünf, sind also sehr
viel "sauberer". Leptospirose kann, vor allem bei Welpen oder
Jungtieren, eine schwere bis tödliche Erkrankung hervorrufen, ist
aber, da bakteriell, mit Antibiotika behandelbar. Leptospirose
verläuft aber in der Regel klinisch inapparent, dh ohne sichtbare
Krankheitssymptome.
*Impfungen, von denen abzuraten ist:*
* "Zeckenimpfung", richtiger: Impfung gegen die von Zecken
übertragene Borreliose, eine Bakterieninfektion: Der Impfstoff
schützt nur gegen einen kleinen Teil der hierzulande vorkommenden
Borrelien, nützt also kaum. Gilt als besonders
nebenwirkungsträchtig (= Ganzkeimbakterin), Hundehalter
beobachteten sogar epileptische Anfälle nach dieser Impfung.
Besser: Guter Zeckenschutz und Hunde nach Spaziergängen
untersuchen, ob sie von Zecken befallen sind.
*Tollwut:*
Tollwutimpfstoffe schützen mindestens drei Jahre. Durch die Änderung der
deutschen Tollwutverordnung im Dezember 2005 sind jährliche
Tollwutimpfungen auch hierzulande NICHT MEHR NÖTIG. Es sind derzeit
mehrere Impfstoffe am Markt, die bei Hunden für drei Jahre zugelassen
sind, bei einem steht im Beipackzettel "zwei bis drei Jahre".
Hundehalter sollten darauf achten, daß der nächste Impftermin in drei
Jahren korrekt im EU-Heimtierpaß eingetragen wird.
*Nebenwirkungen von Impfungen:*
1. Anaphylaktische (allergische) Reaktionen:
* schwerer Schock unmittelbar nach der Impfung, muß sofort vom
Tierarzt mit Antischockmitteln behandelt werden;
* Gesichtsödeme, Hauterkrankungen, unstillbarer Juckreiz;
* Durchfall und Erbrechen (manchmal blutig)
2. andere Reaktionen:
* Autoimmunerkrankungen: vor allem die autoimmunhämolytische
Anämie, eine schwere Blutkrankheit, in den meisten Fällen
tödlich; möglicherweise auch Hypothyreose =
Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, u. a. m.
* Nervenentzündungen, Lähmungen
* Enzephalitis durch Staupeimpfvirus (Hirnentzündung,
teilweise mit schweren Krampfanfällen, unheilbar; Häufigkeit
je nach Art des Staupeimpfstoffs 1 Fall pro 10.000 Impfungen
bis 1 Fall pro 100.000 Impfungen)
* Pannikulitis (Entzündung des Unterhautfettgewebes),
Vaskulitis (Entzündung der Blutgefäßwände) u. a. m.
* Impfsarkom: Tumor an der Impfstelle, bei Katzen relativ
häufig, bei Hunden sehr selten
*Was tun, wenn der Tierarzt unbedingt impfen will?*
Als Tierhalter bestimmen Sie, was an Ihrem Tier gemacht wird. Lassen Sie
sich nicht einschüchtern. Achten Sie darauf, dass der Tierarzt Ihren
Willen respektiert. Es kommt vor, dass Veterinäre gegen den Willen des
Patientenbesitzers Mehrfachimpfungen verabreichen, obwohl nur eine
Tollwutimpfung gewünscht wurde.
*Läßt sich feststellen, ob ein Tier noch Impfschutz hat?*
Manche Tierhalter kontrollieren den Schutz ihrer Hunde gegen Staupe und
Parvo, gelegentlich auch den Tollwutschutz, durch Titermessungen im
Labor. (Titerkontrollen für andere Impfungen sind mangels Aussagekraft
nicht sinnvoll.) An einer Blutprobe wird untersucht, ob noch
Impfantikörper vorhanden sind. Das ist -- außer bei der
Welpen-Grundimmunisierung zur Kontrolle des Impferfolgs -- meistens
überflüssig. Denn der Schutz besteht nicht nur aus Antikörpern. Durch
Impfungen bilden sich Gedächtniszellen, die sehr lange vorhalten, durch
normale Labortests aber nicht bestimmt werden können.
*Alle drei Jahre nachimpfen?*
Dreijährliche Nachimpfungen sind ebenso willkürlich wie jährliche
Impfungen. Menschen werden nicht alle drei Jahre mit
Viruslebendimpfstoffen traktiert, und es gibt keinen Beleg dafür, daß
das bei Tieren notwendig wäre.
*Links:*
*
http://www.critteradvocacy.org <http://www.critteradvocacy.org>; =
Impfinformationen (Katze + Hund) auf englisch, von Dr. Bob Rogers,
Tierarzt in Texas
*
http://www.haustierimpfungen.de <http://www.haustierimpfungen.de>; (zur
Tollwut)
*
http://www.hundeimpfenmitverstand.de<http://www.hundeimpfenmitverstand.de>; (Impfratgeber für Hundehalter)
"Meine eigenen Haustiere werden als Welpen ein- oder zweimal geimpft und
dann nie wieder, mit Ausnahme der Tollwutimpfung, die alle drei Jahre
gegeben wird (...) Ich verfahre nach diesem Programm seit 1974, und es
ist weder bei meinen Haustieren noch bei den Haustieren meiner Kinder
und Enkel jemals eine Infektionskrankheit aufgetreten."